Hiram.be: Veröffentlichung vom 13. Mai 2025
Am 13. Mai 2025 unterzeichnete der Grand Orient de Suisse in Genf im prestigeträchtigen Rahmen der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Diese starke Geste anlässlich des 10. Jahrestags dieses visionären Textes ist Ausdruck eines klaren Willens: Wir wollen nicht länger Zuschauer der ökologischen Krise bleiben, die unsere gemeinsame Zukunft bedroht.
Mit seiner Unterschrift ist der Grand Orient de Suisse die erste freimaurerische Institution weltweit, die sich offiziell zu dieser Erklärung bekennt. Es handelt sich um eine symbolische Geste, aber vor allem um einen Ausgangspunkt für gemeinsames, ethisches und brüderliches Handeln, das wir auf alle Strukturen ausweiten möchten, die sich der Dringlichkeit des Handelns bewusst sind.
Die 2015 auf Initiative Frankreichs verkündete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ergänzt und erweitert die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948. Sie führt vier wesentliche Grundsätze ein, die eine neue globale Ethik strukturieren:
- Verantwortung,
- Würde,
- Gerechtigkeit zwischen den Generationen,
- Nachhaltigkeit des Lebens.
Sie bekräftigt sechs Grundrechte – auf eine gesunde Umwelt, auf Frieden, auf Ernährungssicherheit, auf Klimaschutz, auf Gerechtigkeit und auf nachhaltige Entwicklung –, aber auch sechs Pflichten, die eine unverzichtbare Voraussetzung für echte universelle Gerechtigkeit sind. Dieses doppelte Register, das in internationalen Texten selten ausgewogen ist, drückt eine Forderung aus: Rechte sind nur dann gültig, wenn sie von gemeinsamen Pflichten getragen werden.
Vom Bewusstsein zum Engagement
Für den Grand Orient de Suisse ist diese Unterzeichnung weder eine Formalität noch eine Alibigeste. Sie markiert einen klaren Wendepunkt: Es ist Zeit, von Feststellungen zu aktivem Handeln überzugehen. Allzu oft sind Verpflichtungen zum Schutz der Umwelt zu bequemen Haltungen geworden, die es ermöglichen, tiefgreifende Fragen zu vermeiden. Die Lage ist jedoch ernst. Der Klimawandel, der Zusammenbruch der Artenvielfalt und die Destabilisierung der Nahrungs- und Wasserressourcen bedrohen das Gleichgewicht der menschlichen Gesellschaften.
Wie François Gemenne, Spezialist für ökologische Fragen und kürzlich Referent innerhalb unserer Obödienz, betonte, ist diese Erklärung vielleicht der erste große Text, der das Anthropozän – dieses Zeitalter, in dem menschliche Aktivitäten das Gleichgewicht des Planeten irreversibel verändern – wirklich zur Kenntnis nimmt.
Die Freimaurerei hat sich im Laufe ihrer Geschichte für Emanzipation, Gerechtigkeit und Gewissensfreiheit eingesetzt. Aber in Bezug auf die Umwelt müssen wir klar erkennen: Wir haben zu lange gezögert. Die Schwere der ökologischen Herausforderungen wurde nicht immer mit der gleichen Energie angegangen wie andere soziale oder politische Kämpfe.
Unser heutiges Engagement muss daher klar, anspruchsvoll und nachhaltig sein. Es geht nicht darum, einen Text zu unterzeichnen, um ihn zu archivieren, sondern ihn als Instrument für einen inneren und kollektiven Wandel zu nutzen. Unsere Praktiken ändern, unsere Logen beleuchten, Entscheidungsträger ansprechen, die Zivilgesellschaft mobilisieren: Das sind die Wege, die wir jetzt einschlagen müssen.
Eine kollektive Dynamik aufbauen
Der Grand Orient de Suisse möchte diese Dynamik nun über seine eigenen Reihen hinaus ausweiten. Es wird ein Dialog mit internationalen Freimaurerorganisationen und befreundeten Obödienzen aufgenommen, um eine interobödienzielle Unterzeichnung zu fördern. Wir glauben, dass die Stimme der Freimaurer, wenn sie geeint ist und mit ihren Werten im Einklang steht, eine starke und verbindende Botschaft in der öffentlichen Debatte vermitteln kann.
Was diese Erklärung vorschlägt, ist nicht einfach eine Umweltpolitik: Es ist ein neuer Pakt zwischen der Menschheit, den zukünftigen Generationen und den Lebewesen. Ein Pakt des Respekts, der Mäßigung und der Solidarität.
Die Welt befindet sich in einer vielschichtigen Krise – ökologisch, sozial, demokratisch. Angesichts dessen können wir nicht länger warten. Es ist unsere Pflicht, zu dieser notwendigen Neugestaltung beizutragen.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist ein Instrument. Setzen wir sie um. Sorgen wir dafür, dass sie zu einer rechtlichen Referenz, aber auch zu einer Inspirationsquelle für lokales, nationales und internationales Handeln wird.
Aber die Unterzeichnung eines Textes, so grundlegend er auch sein mag, reicht nicht aus. Wie wir in unserer Veröffentlichung auf der Website des Grand Orient de Suisse dargelegt haben, liegt der wahre Hebel für Veränderungen im individuellen Handeln. Es geht nicht nur darum, große Prinzipien zu verkünden, sondern unsere Lebensweise, unsere Gewohnheiten und unsere Prioritäten konkret zu überdenken. Unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern, uns zurückhaltend und solidarisch zu verhalten, bewusste Entscheidungen zu treffen: Es liegt an jedem Einzelnen von uns, die Zukunft der Menschheit zu sichern. Die Transformation der Welt kann nicht ohne eine innere Wandlung geschehen. Das ist eine moralische Verpflichtung und für uns eine initiatorische Pflicht.
Mehr denn je hängt die Zukunft von unserer Fähigkeit ab, Bewusstsein und Mut in Einklang zu bringen.
Christophe Ravel
Originalartikel auf Hiram.be: https://www.hiram.be/le-grand-orient-de-suisse-rejoint-la-declaration-universelle-des-droits-de-lhumanite/ Vielen Dank für die Berichterstattung über unsere Aktivitäten.




